Die Sandretto Re Rebaudengo Foundation eröffnet am 4. April Antipoem, die erste Einzelausstellung von Ambera Wellmann in Italien (1982, Lunenburg, Nova Scotia). Antipoem präsentiert einen eigens für diesen Anlass geschaffenen Bilderzyklus des Künstlers sowie eine kleine Auswahl bereits vorhandener Werke.

Der Ausstellungstitel ist Anne Carsons Übersetzung des nur fragmentarisch überlieferten Werks der griechischen Dichterin Sappho entlehnt. Die fehlenden Passagen schaffen, was Carson als eine Art Antigedicht beschreibt, einen Raum, in dem das Visuelle in die Abwesenheit von Sprache eingreift.

Unter den neu geschaffenen Gemälden taucht eine Reihe großformatiger Minotauren auf. Wellmanns Werk untersucht die Themen Angst, Macht und Unordnung durch eine kritische Auseinandersetzung mit dem kunsthistorischen Motiv des Minotaurus. Eingebettet in nächtliche Landschaften lösen sich Wellmanns Figuren in ihrer Umgebung auf; Dunkelheit ist in diesem Zusammenhang sowohl eine Metapher für Verletzlichkeit als auch eine potenziell grenzenlose, verdünnte Atmosphäre, in der die Begrenzungen des Körpers verschwinden können.

Die unsicheren Raum-Zeit-Koordinaten, in die Wellmann seine Bilder setzt, konstituieren mögliche Welten, in denen sich Vergangenheit und Gegenwart, menschliche und tierische Körper vermischen und verwandeln. Zufall, Irrtum und Überarbeitung willkommen heißend, legen die Arbeiten die Prozesse ihrer eigenen Metamorphose offen, in denen die Zerbrechlichkeit des Individuums in die Sphäre der Gemeinschaft übertragen wird.

Die Ausstellung bietet unendliche und unvorhersehbare Imaginationen: Antipoem ist von einer Katastrophenerwartung durchdrungen, die sich bis zu ihrem Zusammentreffen mit dem Wunsch nach einer alternativen Zukunft überlagert.